3. FASTENSONNTAG

Die Tempelaustreibung durch Jesus ist wieder so eine merkwürdige Erzählung, die in allen vier Evangelien vorkommt! Was haben die Evangelisten mit dieser Erzählung gemeint? Welche Bedeutung hat dieses Geschehen für uns?

Wir müssen uns das einmal vorstellen: Der Tempel in Jerusalem war ein riesengroßes, prachtvolles Gebäude, voller Prunk und Pracht, mit regem Betrieb. Er war das zentrale Heiligtum, Zentrum des religiösen Lebens. Täglich wurden dort viele Tiere Gott geopfert, um von Sünde uns Schuld befreit zu werden.

Und da kommt Jesus von Nazareth, ein Mann aus der Provinz, ursprünglich Bauarbeiter und nun herumreisender Prediger, und der kritisiert das Ganze. Einerseits kritisiert er den Tempelbetrieb, so wie er ist, mit seinen Geschäften. Hier steht nicht mehr Gott im Mittelpunkt. „Macht das Haus meines Vaters, das Haus in dem wir Gott begegnen wollen, nicht zu einem Kaufhaus!“ Der Tempel wurde zweckentfremdet. Mehr als tausend Menschen lebten aber finanziell von diesem Tempelbetrieb. Besonders die hohe Geistlichkeit von damals. Das konnten diese sich nicht gefallen lassen. Dieser Angriff von Jesus auf den existierenden Tempelbetrieb wurde bei seinem Prozess dann auch als ein Hauptargument verwendet, um ihn zum Tode zu verurteilen.

Aber die Kritik von Jesus ging viel weiter und tiefer. Er behauptete: „Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.“ Was er damit meinte, wird so erklärt: „Er aber meinte den Tempel seines Leibes. Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.“ Jesus stellt damit die unerhört kühne Behauptung auf, dass er die Funktion des Tempels übernimmt. Nun ist er der Ort der Gottesbegegnung. In ihm, in seinen Worten und Taten, kann man die Erfahrung machen, wer Gott ist und wie Gott zu uns steht. Es geht also um die Bedeutung von Jesus. Wenn wir uns auf Jesus einlassen, stoßen wir auf Gott selbst. Als Christ glaube ich nicht an irgendeinen Gott, sondern an den Gott von Jesus Christus.

Dieser Gott, an den Jesus glaubte, den er seinen „Vater“ nannte, ist kein anderer als der Gott, von dem wir auch im Alten Testament erfahren. Deswegen ist z.B. die heutige 1. Lesung so interessant. Hier spricht Gott diese Worte: „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, ich habe dich aus der Sklaverei befreit.“ Hier stellt Gott sich selbst vor als einen, der die Freiheit seiner Menschen will und bewirkt. Er will Menschen, die von jeder Form von Sklaverei, von Menschen entwürdigender Abhängigkeit, befreit sind. Er will das Wohl der Menschen.

Und deswegen meint dieser Gott: „Wenn ihr an mich glaubt, wenn ihr Vertrauen zu mir habt, dann werdet ihr anders leben.“ Und dann gibt Gott seine berühmten Weisungen, nicht Gesetze oder Gebote, sondern Orientierungen, damit wir unsere Freiheit nicht verlieren: Dann werdet ihr nicht andere Dinge zu eurem Gott machen. Ihr werdet in einer Vertrauensbeziehung zu mir leben. Und auch euer Umgang miteinander wird befreiend sein: Ihr werdet nicht töten, nicht stehlen, den Besitz des anderen nicht begehren, euch nicht aneignen wollen; ihr werdet treu sein in eurer Partnerschaft; ihr werdet das Leben schützen. „Haltet euch an meine Weisungen, damit ihr eure Freiheit nicht wieder verliert.“ Das ist der Gott von Jesus, zu dem wir finden, wenn wir uns an Jesus halten.

Da gibt es eine bemerkenswerte Aussage von Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther: "Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes". Wenn wir uns an Jesus halten, dann werden wir unsererseits, wie Jesus, zum Tempel, zum Ort, wo Gott wirkt. Gott in uns. Gott können wir nicht nur in einem Kirchengebäude, sondern auch in uns selbst begegnen. Und dann verstehe ich auch diesen berühmten Satz von Augustinus: „Gott ist mir intimer, ist tiefer in mir selbst, als ich mir selbst bin.“

Ist diese Fastenzeit nicht eine Gelegenheit, in meinem Leben Ordnung zu schaffen, mein Herz zu entrümpeln, damit es frei ist für Gott? Damit Gott mehr in mir wirken kann? Vielleicht muss ich schon eine „Tempelreinigung“, eine „Säuberungs- und Entrümpelungsaktion“ in meinem Leben durchführen?

 

Zum Archiv